Die musikalischen Beiträge dieses Programms sind keine tönenden Landschaftsbilder, sondern Seismographen der Empfindungen, die Landschaftsstimmungen in uns auslösen, ganz so wie schon Beethoven von seiner Pastoral-Symphonie sagt, sie sei „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“. Gerade durch die klanglichen Möglichkeiten der zeitgenössischen Musik wird die Wendung nach innen zu einer spannenden Abenteuerreise in die „Landschaften der Seele“ fernab aller musikalischen Klischees.
Farben – das ist der lakonische Titel eines Orchesterstücks von Arnold Schönberg. Aber vom Color über die Chromatik bis zum Spektralismus und die „Klangfarbenmelodie“ ist die Musik jeder Zeit voll von Farb-Analogien verschiedenster Art. Auch wenn die Assoziation von Farb- und Klangwerten letztlich spekulativ bleibt, verdankt die musikalische Entwicklung ihr doch entscheidende Anstöße.
Das Programm bietet eine Vielfalt pädagogischer Anknüpfungspunkte:
Projektbericht Minden 2010 , dazu auch ein Filmbericht
Mythos und Moderne – ein Gegensatzpaar voller Brisanz und ästhetischem Reiz! Denn die Moderne hat scheinbar mit den Mythen gründlich aufgeräumt, hat rationale Erkenntnis, logisches Kalkül und nüchtern empirische Überprüfbarkeit zur Grundlage ihres Weltbildes gemacht. Die Idee linearen Fortschritts bestimmt die Geschichte und lässt mythische Erzählungen als Wurzel eigenen Selbstverständnisses im wahrsten Sinne „alt aussehen“. Gerade die Erfahrung der beiden Weltkriege beförderte im 20. Jahrhundert eine dezidiert anti-metaphysische Haltung in Kunst und Wissenschaft: Neue Sachlichkeit, Neopositivismus, Konstruktivismus, Serialismus, Konkrete Poesie sind nur einige Spielarten dieser Bewegung. Ihnen gemein ist die Beschränkung auf die Eindeutigkeit erfahrbarer Tatsachen. Der Ton und das Motiv in der Musik werden allein als Strukturbeziehungen aufgefasst, jeder tiefere, womöglich unaussprechliche Sinn ausgeklammert, denn „was sich überhaupt sagen lässt, das kann man klar sagen“ (Wittgenstein). - Doch das rationale Weltbild zeigte bald Risse. Ob nun Kurt Gödel in der Logik die Unmöglichkeit vollständiger rationaler Begründung aufwies oder Thomas Mann seinen Reihen-Komponisten Adrian Leverkühn tief mythologisch als Doktor Faustus tituliert: Es ist die Vernunft in ihrer reinsten Ausprägung, die in ihr Gegenteil umzuschlagen scheint. Und die literarische Fiktion Thomas Manns wird spätestens im Werk des Serialisten Stockhausen Wirklichkeit, ein Künstler, der sich im Entwickeln musikalisch-mathematischer Formeln immer mehr in einen bizarren Mythos verwickelt. Natürlich gab es zu allen Zeiten auch Gegenströmungen. Die tiefe Religiosität und Naturverehrung in der Musik eines Olivier Messiaen lebte vom Rekurs auf Mythen: sein „heiliger Berg“ in den Dauphiné-Alpen, sein tiefes Eindringen in die indische Mythologie, Vogelstimmen, die bisweilen die Abgründe der Seele erahnen lassen... Erst in den 1960er Jahren aber begann eine breitere Kunstbewegung, die sich von der Klarheit rationaler Formeln verabschiedete. Die geheimnisvoll-irisierenden Klangflächen eines György Ligeti, die Archaik in der Musik Pendereckis, das kulturgeschichtliche Panorama Crumbs (in mancher Hinsicht Bernd Alois Zimmermanns Ansätze weiterdenkend), das Ausloten der Stille im Spätwerk Nonos – das waren Boten einer neuen Ästhetik, die von der minimal-music („Koyaanisqatsi“) bis hin zur Rockmusik reichte (man denke an die ausladenden Akkordflächen in Pink Floyds „Shine on you crazy diamond“). Insbesondere die elektronische Musik und ihre akustisch-instrumentale Rückübertragung (etwa als "Music concrète instrumental") vermittelten eine Aura geheimnisumwitterter Klangwelten. Ähnliche Prozesse wie in der Musik kennzeichnen auch die Literatur, Bildende Kunst und Architektur seit jener Zeit.
Ensemble-Szenen – das sind kaleidoskopartige, mal verwirrende, mal kontemplative, teils virtuose, teils elegische, mitunter bizarre und humoreske Klangbilder, die sich zu einer Geschichte fügen, einer Geschichte über Musik, über Musiker und die Erwartungen des Konzertpublikums. Aus musikalischen Kategorien wie Imitation, Augmentation, Assimilation, Dissoziation, Harmonie, Dominanz und Unterordnung werden in einfacher Form eindringliche Bilder produziert, ähnlich dem Genre der Tableaux vivants. Der Mix verschiedener Stile der Gegenwart im jähen Wechsel mit Musiksprachen vergangener Zeit erzeugt eine Dramaturgie, die die Einzelbeiträge vom Solo bis zum 11-köpfigen Ensemble zu einer Art „abstrakter Oper“ verdichtet.
Musikalisches Programm (Auswahl):
Musik und Film im Dialog Am Beginn einer langen und fruchtbaren Beziehung stand ein banaler Gedanke: um den Zuschauer von den lästigen Projektorengeräuschen abzulenken, unterlegte man Filme mit Musik. Doch bald schon erwuchs daraus eine Symbiose zweier Genres, indem Künstler die Potentiale jener emotionalen Klaviatur entdeckten, mit der sich Bilder durch Klänge verdichten, Klänge durch Bilder nuancieren lassen. Häufig nur mißbraucht als Instrument der Manipulation, kann die Symbiose von Film und Musik sinnliche Erlebnisperspektiven erschließen, kann optischen und akustischen Reizen tiefere Bedeutung verleihen, kann Konditionierungsprozesse auslösen, aber auch bewußt durchkreuzen. So lernen wir „mit den Ohren zu sehen, mit den Augen zu hören“. Entsprechend eng wird das Verhältnis beider Medien im Programm „sehen ist hören“ ausgelegt. Von der kammermusikalischen Wechselwirkung zwischen Bildgeschehen und Musik, mit der Carola Bauckholts durch die kleinen Rätsel unserer Alltagswelt führt über die fast psychologische Nachzeichnung eines Malprozesses in Morton Feldmans „De Kooning“ bis zur minimalistischen Vertonung der ungewohnten Blickwinkel Richard Serras auf eine Eisenbahndrehbrücke. Erlebbar wird in der Folge von Kurzfilmen und zeitgenössischer Musik die spannende Engführung zweier Medien jenseits der ausgetretenen Pfade illustrativer Filmmusik.
In diesem Programm treffen sich verschiedene Aspekte: Kirche als spiritueller Ort der Verkündigung einer religiösen Botschaft. Kirche als Stätte der Präsentation einer reichen kirchenmusikalischen Tradition, Kirche als zumeist archaisch anmutender, architektonisch und akustisch faszinierender Raum, Auf alle diese Aspekte nehmen die Programme des Ensembles Bezug: Religiöse Inhalte, wenn auch häufig in Spannung gesetzt durch den Kontrast zu Gegenpositionen, bestimmen etwa die Beiträge von Klaus Huber oder George Crumb. Spezifische Programme zu Stationen des Kirchenjahres lassen sich aus dem Repertoire entwickeln. Die kirchenmusikalische Tradition kommt vor allem in zahlreichen Bach-Hommagen moderner Komponisten zum Ausdruck, aber auch in Stücken, die sich dem gregorianischen Choral, Palestrina oder Monteverdi widmen, ohne damit eine explizit moderne Klangsprache in Frage zu stellen. Zur Verdeutlichung solcher Traditionsbezüge nimmt das Ensemble sehr häufig Originalwerke, etwa Bach-Solokantaten in kammermusikalischer Besetzung in seine Programms auf. Häufig sind es aber auch örtliche Chöre oder Organisten, die in Mischprogrammen als Kontrast zur modernen Kammermusik traditionell Vertrautes beisteuern. Raumbezug schaffen einige der vorgestellten Werke gemäß Partituranweisung des Komponisten, viele aber einfach aufgrund der Konzertdisposition des Ensembles. So entstehen Tiefenwirkungen, die den Kirchenraum als Ganzen akustisch erlebbar machen. Seit 1997 gastierte das Ensemble Horizonte mit diesen Programmen in Kirchen und Klöstern u.a. in Amsterdam, Paris, Stockholm,. Kopenhagen, Venedig, Rom, Baku, Bern, Hamburg, München, Weimar, Hannover, Osnabrück, Oldenburg, Schleswig, sowie in nahezu allen größeren Städten Nordrhein-Westfalens mit insgesamt ca. 50 Auftritten. Rundfunkmitschnitte entstanden mit Radio Bremen, Westdeutschem Rundfunk und Deutschlandfunk nähere Werkbeschreibungen
lyrische Momente für drei Spieler Trio Oboe, Viola, Harfe
Trio Klarinette, Violine/Viola, Klavier
Trio Flöte, Viola, Harfe
Konzertmitschnitt WDR (Konzert Bielefeld, 7.11.2011)